Hans-Jürgen Klette, Saalfeld
Grundsätzlich liegt dem Wohnrecht eine privatrechtliche,
i. d. R. schriftliche, Vereinbarung zugrunde, die durch Eintragung
ins Grundbuch des belasteten Grundstückes dingliche Wirkung
erzielt. Mit dem Wohnrecht hat der Berechtigte auch die Möglichkeit,
seine Angehörigen ohne Erweiterung dieser Dienstbarkeit
an dem Recht teilnehmen zu lassen (z. B. bei Pflegebedürftigkeit).
Das zu DDR-Zeiten, insbesondere im Zeitraum vom 1.1.1976 bis
2.10.1990, vereinbarte "Wohnrecht" oder auch oft als
"unentgeltliches, lebenslanges Wohnen" bezeichnet,
wurde nicht durch eine entsprechende Eintragung im Grundbuch
des zu belastenden Grundstückes dinglich gesichert, weil
dies zu jener Zeit nicht vorgesehen war.
Für nicht im Grundbuch eingetragene Mitbenutzungsrechte
wurde im § 8 Abs.1 GBBerG eine Geltendmachungs- und Gutglaubensfrist
bis zum 31.12.1996 eingeräumt, die bis zum 31.12.1999 verlängert
wurde. Hiernach ist es möglich, diese Mitbenutzungsrechte
durch eine entsprechende Eintragung im Grundbuch dinglich sichern
zu lassen. Für die Rangfolge ist nicht das Eintragungsdatum,
sondern der Entstehungszeitpunkt des Rechtes relevant. Diese
Verfahrensweise gilt gem. Art. 233 § 5 EGBGB jedoch nur
für die Mitbenutzungsrechte nach § 321 Abs. 1 bis
3 und § 322 ZGB der ehemaligen DDR (wie Lagerung von Baumaterialien,
Aufstellen von Gerüsten, Einräumen von Wegerechten
und Überfahrtsrechten). Das Wohnrecht ist hierin nicht
enthalten.
Die sehr häufig, insbesondere von Notaren und Rechtsanwälten
der neuen Bundesländer vertretene Auffassung, dass die
§§ 321 ff ZGB auch auf die Bestellung eines dinglichen
Wohnrechts ausgedehnt werden kann, ist deshalb nicht richtig,
weil das ZGB der DDR dieses Rechtsinstitut nicht kannte (siehe
hierzu Entscheidung des OLG Dresden - NL 1995, 39).
Aus diesem Grund können die zu DDR-Zeiten vereinbarten
"Wohnrechte" nicht über den Weg des § 8
GBBerG im nachhinein im Grundbuch dinglich gesichert werden.
Ohne dingliche Wirkung besitzt ein Wohnrecht lediglich privatrechtlichen
Charakter und erlischt mit dem Wechsel einer der beiden Vertragsparteien.
Deshalb sollten alle Betroffene, die ein Wohnrecht vor dem 3.10.1990
vereinbart haben, dies bei einem Notar neu beurkunden und im
Grundbuch dinglich sichern lassen. Nur wenn zwischenzeitlich
inhaltliche Änderungswünsche bestehen, müssen
beide Parteien zum Notar. Wenn die alte Vereinbarung voll inhaltlich
weiter bestehen bleiben soll, reicht die notariell zu beurkundende
Bewilligung des Grundstückseigentümers. Grundsätzlich
hat der durch das Wohnrecht Begünstigte bei Weigerung des
Eigentümers das Klagerecht. Das diesbezügliche Gerichtsurteil
ersetzt die Bewilligung.
Hinsichtlich der Festlegung über die Rangfolge gegenüber
im Grundbuch enthaltener anderer Belastungen (Abteilung II und
III) ist das Eintragungsdatum der jeweiligen Belastung entscheidend.
Sollten z.B. zwischenzeitlich in Abteilung III Grundschuld-
bzw. Hypothekenbelastungen erfolgt sein, so stehen diese selbstverständlich
im Rang vor dem Wohnrecht. Dabei ist es unerheblich, dass ein
solches, wie vorstehend beschrieben, ggf. schon Jahre vor der
Grundschuldbelastung vereinbart wurde.
Generell ist festzustellen, dass ein Wohnrecht sich wertmindernd
auf das betroffene Grundstück auswirkt. Dabei spielt das
jeweilige Alter des Begünstigten die entscheidende Rolle.
Es gilt, je jünger der Begünstigte, desto höher
die Wertminderung. Nicht unerheblich ist auch z. B. bei Einfamilienhäusern,
welche Räume mit einem Wohnrecht belastet werden. Ist für
die unbelasteten Räume die Herstellung der Abgeschlossenheit
im Sinne des Wohneigentumsgesetzes WEG nicht möglich, so
kann deren Vermietbarkeit stark eingeschränkt bzw. unter
Umständen überhaupt nicht mehr möglich sein.
Der hiermit verbundene wirtschaftliche Nachteil wirkt entsprechend
stärker auf den Grundstückswert ein.
Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Klette, ö.b.u.v. Sachverständiger
für Grundstückbewertung