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Wohnrechte, die vor dem 3.10.1990
auf dem Gebiet der neuen Bundesländer
begründet wurden

Hans-Jürgen Klette, Saalfeld

Grundsätzlich liegt dem Wohnrecht eine privatrechtliche, i. d. R. schriftliche, Vereinbarung zugrunde, die durch Eintragung ins Grundbuch des belasteten Grundstückes dingliche Wirkung erzielt. Mit dem Wohnrecht hat der Berechtigte auch die Möglichkeit, seine Angehörigen ohne Erweiterung dieser Dienstbarkeit an dem Recht teilnehmen zu lassen (z. B. bei Pflegebedürftigkeit).
Das zu DDR-Zeiten, insbesondere im Zeitraum vom 1.1.1976 bis 2.10.1990, vereinbarte "Wohnrecht" oder auch oft als "unentgeltliches, lebenslanges Wohnen" bezeichnet, wurde nicht durch eine entsprechende Eintragung im Grundbuch des zu belastenden Grundstückes dinglich gesichert, weil dies zu jener Zeit nicht vorgesehen war.
Für nicht im Grundbuch eingetragene Mitbenutzungsrechte wurde im § 8 Abs.1 GBBerG eine Geltendmachungs- und Gutglaubensfrist bis zum 31.12.1996 eingeräumt, die bis zum 31.12.1999 verlängert wurde. Hiernach ist es möglich, diese Mitbenutzungsrechte durch eine entsprechende Eintragung im Grundbuch dinglich sichern zu lassen. Für die Rangfolge ist nicht das Eintragungsdatum, sondern der Entstehungszeitpunkt des Rechtes relevant. Diese Verfahrensweise gilt gem. Art. 233 § 5 EGBGB jedoch nur für die Mitbenutzungsrechte nach § 321 Abs. 1 bis 3 und § 322 ZGB der ehemaligen DDR (wie Lagerung von Baumaterialien, Aufstellen von Gerüsten, Einräumen von Wegerechten und Überfahrtsrechten). Das Wohnrecht ist hierin nicht enthalten.
Die sehr häufig, insbesondere von Notaren und Rechtsanwälten der neuen Bundesländer vertretene Auffassung, dass die §§ 321 ff ZGB auch auf die Bestellung eines dinglichen Wohnrechts ausgedehnt werden kann, ist deshalb nicht richtig, weil das ZGB der DDR dieses Rechtsinstitut nicht kannte (siehe hierzu Entscheidung des OLG Dresden - NL 1995, 39).
Aus diesem Grund können die zu DDR-Zeiten vereinbarten "Wohnrechte" nicht über den Weg des § 8 GBBerG im nachhinein im Grundbuch dinglich gesichert werden. Ohne dingliche Wirkung besitzt ein Wohnrecht lediglich privatrechtlichen Charakter und erlischt mit dem Wechsel einer der beiden Vertragsparteien.
Deshalb sollten alle Betroffene, die ein Wohnrecht vor dem 3.10.1990 vereinbart haben, dies bei einem Notar neu beurkunden und im Grundbuch dinglich sichern lassen. Nur wenn zwischenzeitlich inhaltliche Änderungswünsche bestehen, müssen beide Parteien zum Notar. Wenn die alte Vereinbarung voll inhaltlich weiter bestehen bleiben soll, reicht die notariell zu beurkundende Bewilligung des Grundstückseigentümers. Grundsätzlich hat der durch das Wohnrecht Begünstigte bei Weigerung des Eigentümers das Klagerecht. Das diesbezügliche Gerichtsurteil ersetzt die Bewilligung.
Hinsichtlich der Festlegung über die Rangfolge gegenüber im Grundbuch enthaltener anderer Belastungen (Abteilung II und III) ist das Eintragungsdatum der jeweiligen Belastung entscheidend. Sollten z.B. zwischenzeitlich in Abteilung III Grundschuld- bzw. Hypothekenbelastungen erfolgt sein, so stehen diese selbstverständlich im Rang vor dem Wohnrecht. Dabei ist es unerheblich, dass ein solches, wie vorstehend beschrieben, ggf. schon Jahre vor der Grundschuldbelastung vereinbart wurde.
Generell ist festzustellen, dass ein Wohnrecht sich wertmindernd auf das betroffene Grundstück auswirkt. Dabei spielt das jeweilige Alter des Begünstigten die entscheidende Rolle. Es gilt, je jünger der Begünstigte, desto höher die Wertminderung. Nicht unerheblich ist auch z. B. bei Einfamilienhäusern, welche Räume mit einem Wohnrecht belastet werden. Ist für die unbelasteten Räume die Herstellung der Abgeschlossenheit im Sinne des Wohneigentumsgesetzes WEG nicht möglich, so kann deren Vermietbarkeit stark eingeschränkt bzw. unter Umständen überhaupt nicht mehr möglich sein. Der hiermit verbundene wirtschaftliche Nachteil wirkt entsprechend stärker auf den Grundstückswert ein.

Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Klette, ö.b.u.v. Sachverständiger für Grundstückbewertung

Diese Abhandlung wurde in der Zeitschrift GuG 4/98 veröffenlicht.
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